Kurze Inhaltsangabe:
Der klagende ehemalige Arbeitnehmer hatte mit der Beklagten im November 2009 einen Vorruhestandsvertrag unter Bezugnahme auf einen Tarifvertrag (Fu-TV/LSV) abgeschlossen, in dem u.a. ausgeführt wurde, dass der Anspruch auf Vorruhestandsentgelt "endet vor Beginn des Tages, ab dem der/die Berechtigte Anspruch auf Bezug der Regelaltersrente bzw. Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung hat." Nach Inkrafttreten des durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz zum 01.07.2014 in Kraft getretenen § 236b SGB VI verwies die Beklagte den Kläger, bei dem die dort benannten Voraussetzungen gegeben waren (63. Lebensjahr und 45 Jahre Wartezeit) darauf und stellte die Zahlungen von Vorruhestandsentgelt ein. Der Kläger, der dadurch Minderbezüge hat, erhob Klage, mit der er seinen Anspruch auf Vorruhestandsentgelt bis zur Regelaltersgrenze sichern wollte.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Es schloss sich der Auffassung der Beklagten an, dass sich der nicht einer Tarifvertragspartei angehörige Kläger nicht auf die Regelungen des Tarifvertrages beziehen könne, da eine vertragliche Abänderung ihm gegenüber (wie hier mir dem Vertrag vom November 2009 erfolgt) zulässig sei und die Bezugnahme auf den Tarifvertrag als Grundlage der Vereinbarung nicht eine Abweichung davon hindern würde.
Die vom Kläger gegen das Urteil eingelegte Berufung zu LAG München - 2 Sa 708/15 - wurde mit Urteil vom 04.02.2016 zurückgewiesen. Von der Kammer wurde im Protokoll festgehalten, dass diese das Urteil des Arbeitsgerichts für zutreffend hält. Daraufhin haben die Parteien auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet.
Aus den Gründen:
Tatbestand:
Die Parteien streiten über den Beendigungsze itpunkt der zwischen ihnen geltenden Vor-ruhestandsregelung sowie Vorruhestandsbezüge .
Der Kläger arbeitete seit dem 01.01.1982 für die Rechtsvorgänger in der Beklagten als Programmierer/Systembetreuer in der Augsburger Niederlassung. Mit dieser schloss der Kläger am 23.11.2009 einen Vorruhestandsvertrag. Mit diesem Vertrag wurde das Ar beitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 30.11.2009 beendet und unmittelbar danach ein Vorruhestand begründet.· 1n §2 Abs. 2 dieses Vertrages ist geregelt, dass der Vorru hestand vor Beginn des Tages endet, ab dem der/die Berechtigte Anspruch auf Bezug der Regelaltersrente bzw. Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach den Vor schriften der gesetzlichen Rentenversicherung hat. In § 3 des Vertrages wird der „Tarif vertrag zur Regelung arbeitsrechtlicher Auswirkungen bei der Vereinigung von Trägern der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 1. Dezember 1999" (Fu-TV/LSV) als Rechtsgrundlage dieses Vertrages bezeichnet.
In§ 11 Abs . 2 Fu-TV/LSV wird folgendeRegelung getroffen :
„Die Zahlung des Vorruhestandsgeldes endet mit Ablauf des Monats, in dem der Vorruhestandsgeldbezieher das für die Regelaltersgrenze maßgebliche Lebensjahr vollendet. "
Ein Bezug auf die Altersrente für besonders langjährig Versicherte findet sich nicht.
In § 12 Abs. 2 Fu-TV/LSV heißt es:
,,Der Beschäftigte ist verpflichtet , die ihm nach anderen Bestimmungen zu den gleichen Zwecken zustehenden Leistungen Dritter zu beantragen. Er hat den Arbeitgeber über die Antragstellung, die Entscheidung und die gewährten Leistungen unverzüglich zu unterrichten. Kommt der BeschäftigteseinenVerpflichtungen trotz Belehrungen nicht nach, stehen ihm keine Ansprüche nach diesem Tarifvertrag zu."
Der Kläger erfüllt seit dem 01.07.2014 die Voraussetzungen für den Bezug der Rente für besonders langjährig Versicherte und ist bzw. war kein Mitglied in einer der am Fu TV/LSV beteiligten Gewerkschaften .
Der Vorruhestandsbezug des Klägers betrug 2.995,00 € monatlich, die zu erwartende Rente unter Berücksichtigung der Zusatzrente 2.464 ,00€ monatlich.
Seit Oktober2014 leistete die Beklagte an den Kläger keine Vorruhestandsbezüge mehr.
Der Kläger ist der Rechtsansicht , der Vorruhestand bestehe über den 01.07.2014 hinaus bis zu dem Zeitpunkt , in dem der Kläger einen Anspruch auf Bezug der Regelaltersrente hat. Soweit der Vertrag vom 23.11.2009 eine Beendigung mit dem Zeitpunkt des Anspruchs auf Bezug der Altersrente für besonders langjährig Versicherte vorsehe , sei dieser unwirksam , da insoweit eine Abweichung vom Fu-TV/LSV zu Lasten des Klägers vorliege.
Der Kläger beantragt daher zuletzt:
1. Es wird festgestellt , dass das zwischen den Parteien seit dem 01 .12.2009 bestehende Vorruhestandsverhältnis gemäß Vertrag vom 23.11.2009 bis zum Ablauf des Monats, in dem der Kläger das für die Regelaltersgrenze maßgebliche Lebensjahr vollendet hat unverändert über den 30.06.2014 hinaus, jedenfalls bis zum 31.10.2015, fortbesteht.
2. Die Beklagte wird verurteilt , an den Kläger Vorruhe standsbezüge für die Monate Oktober bis Dezember 2014 sowie Januar bis Mai 2015 in Höhe von EUR 23.960 ,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basis zinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Rechtsansicht , die Voraussetzung zur Beendigung des Vorruhestands lägen sowohl nach § 2 Abs . 2 des Vertrages vom 23 .11.2009 als auch nach § 11 Abs. 2 Fu-TV/LSV seit 01 .07 .2014 vor. Hilfsweise sei der Vorruhestand auf Grund von § 12 Abs. 2 Fu-TV/LSV zu diesem Zeitpunkt beendet.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen und verwiesen .
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
1. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist gemäß § 2 1 Nr. 3 c ArbGG eröffnet.
2. Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Augsburgfolgt aus § 48 1 a ArbGG .
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
1. Der Vorruhestand ist mit Ablauf des 30.06.2014 beendet. Der zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossene Vertrag über die Auflösung des Arbeitsvertrages und die Begründung des Vorruhestands vom 23.11.2009 sieht in § 2 II 2. Alternative die Beendigung des Vorruhestands vor dem Beginn des Tages vor, ab dem der Kläger Anspruch auf Bezug der Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung hat. Diese Voraussetzung ist unstrittig ab dem 01.07.2014erfüllt.
2. Der Umstand, dass § 11 Abs. 2 Fu-TV/LSV als Voraussetzung für die Beendigung des Vorruhestands nur die Vollendung des für die Regelaltersgrenze maßgeblichen Lebensjahres regelt, nicht aber den Anspruch auf Bezug der Altersrente für besonders langjährig Versicherte , ändert an diesem Ergebnis nichts.
Zwar mag der Vertrag vom 23.11.2009 in diesem Punkt eine Benachteiligung des Klägers im Vergleich zu § 11 Abs . 2 Fu-TV/LSV enthalten. Durch den zusätzlichen Beendigungstatbestand der Altersrente für besonders langjährig Versicherte endet derVorruhestand - soweit diese Voraussetzungen vorliegen - vor dem im Tarifvertrag ver einbarten Zeitpunkt. Damit sind für den Berechtigten typischerweise - wie im vorliegenden Fall - finanzielle Einbußen verbunden, wenn der Ruhestandsbezug die Höhe der Altersrente übersteigt.
Jedoch führt diese Benachteiligung im vorliegenden Fall nicht zur Unwirksamkeit der Regelung im Vertrag vom 23.11.2009. Voraussetzung in der zwingenden Wirkung von Rechtsnormen eines Tarifvertrages ist gemäß § 4 1 TVG die Tarifbindung beider Parteien. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, beschränkt § 4 III TVG abweichende Abmachungen . DerKläger ist unstreitig nicht tarifgebunden . Damit ist eine gegenüber dem Tarifvertrag abweichende Regelung im Vertrag vom 23.11.2009 zu Lasten des Klägers möglich. Aus dem Vertrag vom 23.11.2009 selbst ergibtsich nichts anderes:
Der bloße Umstand, dass der Fu-TV/LSV in § 3 des Vertragesals Rechtsgrundlage bezeichnet wird, hindert die Parteien nicht, im Individualvertrag abweichende Regelungen - auchzu Lasten des Klägers -zu treffen.
3. Nachdem der Vorruhestand des Klägers mit Ablauf des 30.06.2014 beendet ist, besteht darüber hinaus keine Verpflichtung der Beklagten, Vorruhestandsbezüge zu zahlen. Auch die Zahlungsklage war somit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 1 ZPO.
IV.
Die Streitwertfestlegung erfolgt gemäß § 61 1 ArbGG i. V. m. § 42 1, III S. 1 2. HS GKG.
Gegen dieses Urteil steht dem Kläger das Rechtsmittel der Berufung an das Landesar- beitsgericht München gemäß nachfolgender Rechtmittelbelehrung zu.