Gründe:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Außenprüfung unter Auswertung bereits überlassener Datenträger fortgesetzt erden darf.
Im Einzelnen liegt dem Rechtsstreit nachfolgender Sachverhalt zugrunde:
Nachdem die geschiedene Ehefrau des Antragstellers beim Antragsgegner im November 2008 eine Anzeige erstattet hatte, wonach ihr ehemaliger Ehemann, der als Metzger gewerbliche Einkünfte erzielt, nicht sämtliche Erlöse in seiner Buchführung erfasst habe, wurde gegen den Antragsteller zwar ein Steuerstrafverfahren eingeleitet, ihm jedoch zunächst nicht bekannt gegeben. Die Bekanntgabe erfolgte erst am 16. März 2009 anlässlich einer beim Antragsteller vorgenommenen Durchsuchung durch die Steuerfahndung... . Im Rahmen dieser Steuerfahndungsprüfung begann auch die Betriebsprüfungsstelle des Antragsgegners mit einer Außenprüfung...
...
Ebenfalls am 16. März 2009 hatte die Betriebsprüfungsstelle des Antragsgegners per Fax den Steuerberater des Antragstellers aufgefordert, bestimmte Unterlagen bei Prüfungsbeginn vorzulegen; insbesondere den Datenzugriff nach GDPdU-Standard auf CD-ROM oder einem entsprechenden Medium vorzubereiten und ggf. vorab zuzusendne. Weiter wurde bei "Nichtvorlage bzw. verzögerter Vorlage" "auf § 146 Abs. 2v Abgabenordnung (Verzögerungsgeld)" hingewiesen. ...
Da der Antragsteller der Aufforderung hinsichtlich des Datenzugriffs nicht nachgekommen war, forderte der Betriebsprüfer des Antragsgegners den Antragsteller mit Schreiben vom 27. April 2009 auf, "den Datenzugriff in Form deer datenträgerüberlassung per CD (sog. Z 3 Datenzugriff) bis zum 08.05.2009" vorzulegen. Für den Fall, dass der Datenzugriff nicht bis zu diesem Zeitpunkt vorliegen sollte, wies der Betriensprüfer "bereits jetzt auf die Möglichkeit der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes gem. § 146 Abs. 2b AO (ab einer Höhe von 2.500 EUR) hin" (Einzelheiten s. Bl. 25 der BP-Akte). An den Steuerberater des Antragstellers wurde ein inhaltsgleiches Schreiben übersandt.
Am 8. Mai 2009 legte der jetzige Prozessbevollmächtigte (P) namens des Antragstellers gegen die Androhung (Festsetzung eines Verzögerungsgeldes) "Be schwerde" beim Antragsgegner ein und teilte mit, dass der Antragsteller "zur Vermeidung von wirtschaftlichen Nachteilen" die gewünschten Datenträger dem Antragsgegner überlassen werde. Im Hinblick auf§ 393 Abs. 1 AO sei die Androhung des Verzögerungsgeldes rechtswidrig und könne daher auch nicht genutzt werden (vgl. Bl. 30 der BP-Akte).
Dementsprechend übergab der Steuerberater des Antragstellers unter Hinweis auf die "Beschwerde" die angeforderte Daten-CD am 8. Mai 2009 der Be triebsprüfungsstelle des Antragsgegners.
Auf den Einwand des Antragsgegners vom 15. Mai 2009 hin, dass mit dem Schreiben vom 27. April 2009 keinesfalls ein Verzögerungsgeld angedroht worden sei, mithin insoweit kein Verwaltungsakte vorliege (zu Einzelheiten s. Bl. 32 f. der BP-Akte), entgegnete P mit Schriftsatz vom 26. Mai 2009, dass das Schreiben vom 27. April 2009 "bereits im Hinblick auf die Anforderung mit Fristsetzung" einen Verwaltungsakt beinhalte (zu Einzelheiten s. Bl. 34 f. der BP- Akte).
Mit Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 2009 wies der Antragsgegner den Einspruch "gegen die Aufforderung zur Datenträgerüberlassung im Rahmen des Datenzugriffs nach § 147 Abs. 6 AO" als unbegründet ab . Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 2009 (s. Bl. 37 ff. der BP-Akte). Über die hiergegen eingelegte Klage mit dem Aktenzeichen 9 K 1766/09 hat der Senat noch nicht entschieden.
Nachdem die Betriebsprüfungsstelle des Antragsgegners mit Schreiben vom 27. Juli 2009 dem Antragsteller und seinem Steuerberater mitgeteilt hatte, dass nach den "Beschlüssen des Amtsgerichts Wiesbaden" die Betriebsprüfung ab dem 3. August 2009 an Amtsstelle fortgeführt werde (vgl. BI. 28 f. der BP Akte), teilte P der Betriebsprüfungsstelle des Antragsgegners mit Schriftsatz vom 30. Juli 2009 unter Hinweis auf das anhängige Klageverfahren 9 K 1766 /09 mit, es werde "der Fortführung der Betriebsprüfung ausdrücklich widersprochen" (vgl. Bl. 69 der BP-Akte).
Daraufhin lehnte die Betriebsprüfungsstelle des Antragsgegners mit Verfügung vom 4. August 2009 die begehrte Aussetzung der Betriebsprüfung bis zum Abschluss des Klageverfahrens ab. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Verfügung vom 4. August 2009 (s. BI. 71 ff. der BP-Akte) Bezug genommen.
Mit dem rechtzeitig eingelegten Einspruch machte der Antragsteller geltend, dass im Hinblick auf das Klageverfahren 9 K 1766 /09 die Betriebsprüfung nicht fortgesetzt werden dürfe, jedenfalls nicht durch Gebrauch der unter Vorbehalt überlassenen Daten. Ansonsten wäre der verfassungsrechtlich geschützte Grundsatz eines effektiven Rechtsschutzes des Steuerpflichtigen verletzt. Gleichzeitig beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des angegriffenen Bescheids (s. Bl. 77 f., 81 der BP-Akte). Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 7. September 2009 als unbegründet zurück gewiesen. Der Antragsgegner vertrat hierbei die Auffassung, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Aufforderung zum Datenzugriff nicht be stünden und daher keine Aussetzung der Vollziehung zu gewähren sei (zu den Einzelheiten s. Bl. 82 - 89 der BP-Akte).
Am 6. Oktober 2009 beantragte der Antragsteller bei Gericht die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids vom 4. August 2009 in der Fassung der Ein spruchsentscheidungvom 7. September 2009.
Zur Begründung wird im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Das steuerstrafrechtliche Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Mit der Auf forderung zur Datenträgerüberlassung unter Hinweis auf§ 146 Abs. 2b AO (Verzögerungsgeld) sei auf den Antragsteller unzulässig Druck i. S. des § 393 AO ausgeübt worden. Die ihm als Steuerpflichtigen obliegenden Mitwirkungs pflichten dürften gegen ihn als Beschuldigten nämlich nicht zwangsweise durchgesetzt werden. Ein solches Verhalten des Antragsgegners verstoße gegen das verfassungsrechtliche Verbot des Zwangs zur (möglichen) Selbstbelastuilg. Dementsprechend dürfe die überlassene Daten-CD nicht ausgewertet werden.
Hinsichtlich des weiteren Verbringens wird auf die Schriftsätze vom 6. Oktober 2009 (Bl. 21 ff. der Gerichtsakte), 10. Dezember 2009 (Bl. 49 ff. der Gerichtsakte), 24. Januar 2010 (Bl. 64 ff. der Gerichtsakte), 16. März 2010 (Bl. 91 ff. der Gerichtsakte) und 14. Juni 2010 (Bl. 111 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 4. August 2009 in der Fassung der Einspruchsent scheidung vom 7. September 2009 von der Vollziehung auszusetzen, für längstens einen Monat nach Ergehen einer Entscheidung im Klageverfah ren 9 K 1766/09.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückweisen.
Der Antragsgegner ist unter Hinweis auf die in der Einspruchsentscheidung vom 7. September 2009 dargelegten Gründe der Auffassung, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Fortführung der Außenprüfung unter Aus wertung des überlassenen Datenträgers nicht bestünden. Insbesondere weist der Antragsgegner darauf hin, dass die Aufnahme des Hinweises auf§ 146 Abs. 2b AO in die Aufforderung zur Datenträgerüherlassung vom 27. April 2009 keine "Androhung eines Zwangsmittels i. S. der §§ 328 ff. AO oder eines zwangs ähnlichen Mittels" beinhaltet habe. Die Vorschrift des § 146 Abs. 2b AO gelte auch nach der Eröffnung eines Steuerstrafverfahrens, da es sich beim Verzögerungsgeldnicht um ein Zwangsmittel nach den §§ 328 ff. AO handele. Ansonsten hätte der Gesetzgeber nach Einführung des § 146 Abs. 2b AO die Vorschriftdes § 393 AO entsprechend geändert. Der Hinweis auf§ 146 Abs. 2b AO sei mit dem Hinweis auf §' 162 AO vergleichbar. Im Übrigen enthalte der Datenzugriff nur Daten und Erkenntnisse, die dem Antragsgegner bereits durch den Steuerberater als Besteuerungsgrundlagen (insbesondere auch der Gewinn, die Betriebsausgaben und Sonstiges) mitgeteilt worden seien. Dementspre chend könne sich der Antragsteller mit der Einräumung des Datenzugriffs auch nicht selbst belasten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsät ze vom 15. Oktober 2009 (Bl. 38 ff. der Gerichtsakte), 7. Januar 2010 (Bl. 55 ff. der Gerichtsakte), 2. März 2010 (Bl. 71 ff. der Gerichtsakte), 20. Mai 2010 (Bl. 100 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Dem Gericht" lagen die den Streitfall betreffende Steuerakte (BP-Akte) sowie die Klageakte 9 K 1766/09 zur Entscheidungsfindung vor.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch nur zum Teil begründet.
Gemäß § 69 Abs.2 und 3 FGO soll die Vollziehung eines Verwaltungsakts aus gesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts bestehen, wenn bei seiner überschlägigen Prüfung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurtei lung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewir ken (vgl. u.a. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BStBl III 1967, 182). Die Tat- und Rechtsfragen brauchen nicht abschließend geprüft zu werden. Dabei ist das Aussetzungsverfahren von der Besonderheit gekennzeichnet, dass einerseits nur präsente Beweismittel zu berücksichtigen sind (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 14. Juli 1976 IR 13 8/74, BStBl II 1976, 682; vom 23. Juli 1985 VIII R 210/84, BFH/ NV 1986, 167), andererseits aber nicht der volle Beweis der behaupteten Tatsachen erbracht werden muss. Es genügt vielmehr deren Glaubhaftmachung (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Juni 1972 II B 44/71, BFHE 112, 74). Die sich aus§ 76 FGO ergebende Verpflichtung des Gerichts, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, gilt unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten (nur präsente Beweismittel, nur Glaubhaftmachung) grundsätzlich auch für das Aussetzungsverfahren. Aller dings findet die Ermittlungspflicht --ebenso wie im Hauptsacheverfahren-- ihre Grenze dort, wo es sich um Verhältnisse handelt, die ohne Mitwirkung des Steuerpflichtigen nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten ermittelt werden können (Urteil vom 17. Oktober 1979 IR 74/78, NV).
Bei Anwendung der dargesteilten Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist die beantragte Aussetzung der Vollziehung nur zum Teil zu gewähren.
Es bestehen ernstliche Zweifel hinsichtlich der Fortführung der Außenprüfung nur 'insoweit, als die überlassene Daten-CD hierbei ausgewertet werden soll.
Die Außenprüfung als solche kann durchgeführt werden. Grundlage für die Prüfungshandlungen sind die Prüfungsanordnungen vom 16. und 19. März 2009.
Diese Prüfungsanordnungen (§ 196 AO) sind Verwaltungsakte, die mit dem Einspruch(§ 347 AO) angefochten werden können (Pahlke/Koenig/Intemann, AO-Kommentar, 2. Aufl. 2009, § 196 Rz. 81). Da eine solche Anfechtung nicht erfolgt ist, sind die Prüfungsanordnungen bestandskräftig geworden. Dement sprechend muss der Steuerpflichtige die Prüfungsmaßnahmen dulden, und es obliegen ihm grundsätzlich erhöhte Mitwirkungspflichten (Pahlke/Koenig/ Intemann, a.a.O., § 193 Rz. 95). Demzufolge kann der Antragsgegner die Au ßenprüfung fortsetzen und die am 16. März 2009 durch die Steufa beschlag nahmten Unterlagen uneingeschränkt auswerten.
Eine Auswertung der am 8. Mai 2009 überlassenen Daten-CD ist indes im Rah-
men der vorliegenden Außenprüfung nicht möglich. Insoweit bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der mit Verfügung vom 27. April 2009 erfolgten Aufforderung zur Datenträgerüberlassung (Einräumung des Datenzugriffs nach § 147 Abs. 6 AO).
Gemäß § 393 Abs. 1 Satz 1 AO richten sich die Rechte und Pflichten der Steu erpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Straf verfahren nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften; d.h. für das Besteuerungsverfahren gilt die AO, für das Strafverfahren die Strafpro zessordnung (StPO). Beide Verfahren stehen von Gesetzes wegen unabhängig und gleichrangignebeneinander (vgl. z. B. Hellmann in Hübsch mann /Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO und FGO, § 393 AO Rdnr. 11 ff.; 32; BFH-Beschluss vom 19. September 2001 XI B 6/01, BStBl II 2002, 4 mit zahl reichen weiteren Nachweisen).
Es ist ferner höchstrichterlich geklärt, dass der (beschuldigte) Steuerpflichtige im Besteuerungsverfahren die von der AO vorgeschriebenen Mitwirkungs pflichten zu erfüllen hat und jede andere Auffassung zu einer mit dem Gleich heitssatz (Prinzip der Belastungsgleichheit) unvereinbaren Privilegierung des in ein Strafverfahren verwickelten Steuerpflichtigen führen würde. Diese Auffassung entspricht der des historischen Gesetzgebers (vgl. BFH-Beschluss vom 19. September 2001 in BStBl II 2002, 4).
Der Grundsatz, dass niemand gehalten ist, sich selbst zu beschuldigen ("Nemo Tenetur-Grundsatz") ist in erster Linie ein strafprozessuales Prinzip. Er sichert den aus Art. 2 des Grundgesetzes (GG) abzuleitenden Schutz vor Bestrafung. Er befreit aber nicht von gesetzlich normierten Mitwirkungspflichten im Übrigen. Dies gilt auch für die Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren, deren Erfüllung nach § 393 Abs. 1 Satz 2 AO aber nicht erzwungen werden kann, wenn damit eine Selbstbezichtigung verbunden ist (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung; vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 28 . Dezember 2006 VIII B 48/06, BFH/NV 2007, 646).
Gemessen an diesen Voraussetzungen verstößt die Verfügung des Antragsgeg ners vom 27. April 2009 gegen § 393 Abs. 1 Satz 2 AO, mithin ist eine Ver wertung der Daten-CD unzulässig.
Nach eindeutigem Gesetzeswortlaut sind Zwangsmittel i.S. des § 328 AO unzu lässig, wenn der Steuerpflichtige dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu be lasten. Zu den Zwangsmitteln i.S. des § 328 AO gehören kraft Gesetzes Zwangsgeld, Ersatzvornahme und unmittelbarer Zwang. Es handelt sich insoweit um --fakultative-- Maßnahmen des Vollstreckungsverfahrens.
Entgegen der Auffassung des Antrags gegners und einer in der Literatur vertre tenen Meinung (vgl. Geißler, Verzögerungsgeld bei Verletzung von Mitwir kungspflichten, NWB 2009, 4076, 4078; Gebbers, Das Verzögerungsgeld nach § 146 Abs. 2b AO in der Außenprüfung -Teil III-, StBp 2009, 196) gehört ebenso das Verzögerungsgeld nach§ 146 Abs. 2b AO zu den Zwangsmitteln, auch wenn diese Vorschrift --eingeführt durch das Jahresteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794)-- ni'cht ausdrücklich vom Gesetzge ber in § 393 Satz 2 AO (nachträglich klarstellend) aufgenommen worden ist. Das Verzögerungsgeld nach § 146 Abs. 2b AO ist nämlich letztlich ein Druck mittel eigener Art, das auf die besonderen Bedürfnisse des Steuerrechts zuge schnitten ist. In seiner Wirkung entspricht es einem Zwangsgeld i. S. des § 329 AO (vgl. auchRätkein Klein, AG-Kommentar, 10. Auflage 2009, § 146 Rz. Sb; Dißars in Schwarz, AO-Kommentar, § 146 Rz. 52). Da das Verbot der Selbstbelastung ("Nemo-Tenetur-Grundsatz") von so immenser Bedeutung für den Rechtsstaat ist, ist § 393 Satz 2 AO auch auf das Verzögerungsgeld als Druckmittel anzuwenden (vgl. Dißars, Verzögerungsgeld nach§ 146 Abs. 2b AO - ein neues Sanktionsinstrument der Finanzverwaltung, Stbg 2010, 247, 250).
Der Umstand, dass der Antragsgegner das Verzögerungsgeld nach§ 146 Abs. 2b AO noch nicht festgesetzt hat, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Untersagt ist nämlich nicht nur die Anwendung von Beugemittel, sondern be- reits deren Androhung (Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 393 AO Rz. 72). Die Verfügung vom 27. April 2009 beinhaltet nach dem objekti ven Erklärungswer.t (Empfängerhorizont) mit dem Hinweis auf das Verzöge rungsgeldnach § 146 Abs. 2b AO bereits eine solche Androhung.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners kann sich der Antragsteller mit der Einräumung des Datenzugriffs sehr wohl selbst belasten. Insbesondere handelt es sich beim Datenzugriff nicht nur um Daten und Erkenntnisse, die der Antragsteller bereits als Besteuerungsgrundlage dem Antragsgegner mitge teilt hatte. Der Datenzugriff erstreckt sich nämlich auf alle solche Daten, die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind (vgl. § 147 Abs. 6 AO). Mit umfasst sind damit alle gespeicherten Daten einschließlich der Stammdaten (z. B. je nach eingesetztem Buchführungssystem: Mandant, Kun de, Kontoart, Kundennummer), Bewegungsdaten (z. B. Buchungskreis, Beleg und Geschäftsnummer) und Verknüpfungen (Gebbers, Das Verzögerungsgeld nach§ 146 Abs. 2b AO in der Außenprüfung -Teil II-, StBp 2009,162 f.). Die se Daten bzw. Vorgänge sind jedoch gerade nicht zuvor im Besteuerungsver fahren dem Antragsgegner zur Verfügung gestellt worden.
Nach alledem ist die Auswertung der Daten-CD nicht zulässig und insoweit der Aussetzungsantrag erfolgreich.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.