Schadensersatz


Schadensersatz nach Feuerwehreinsatz

 OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.11.2011 - 7 A 11124/11.OVG -


Die Beklagte erließ gegen den Kläger einen Gebührenbescheid über die Kosten eines Feuerwehreinsatzes infolge eines Brandes des Mähdreschers des Klägers. Die gegen diesen Bescheid in der bestätigenden Fassung des Widerspruchsbescheides erhobene Klage hatte vor dem VG Neustadt Erfolg; das OVG Rheinland-Pfalz wies die Berufung der Beklagten mit Beschluss vom 17.11.2011 zurück. Das OVG schloss sich der Auffassung des VG an, dass der Kostenbescheid gegenüber der beklagten hier rechtswidrig war, da zwar der Brand im Einsatz des Mähdreschers entstanden sei, nicht aber bei dem Betrieb iSv. § 36 Abs. 1 Nr. 2 LBKG. Als im Betrieb könne man ein Fahrzeug nur ansehen, wenn es im wesentlichen der Fortbewegung diene, was hier bei dem Arbeitsvorgang nicht der Fall sei. 


OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.11.2011 - 7 A 11124/11. OVG -

Wortlaut des Beschlusses:


I.

 

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Kostenbescheides für erbrachte Hilfe- und Dienstleistungen der Feuerwehr.

 

Am 31. Juli 2009 geriet ein dem Kläger gehörender Mähdrescher außerhalb der geschlossenen Ortschaft von W. (Gemarkung G.) auf einem Getreidefeld – ca. 50 m von der L 472 entfernt – während des Erntevorgangs oder unmittelbar danach in Brand. In einem zwei- bis dreistündigen Einsatz löschten daraufhin drei Einheiten der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten und von T. den Brand, dichteten den Tank des Mähdreschers ab und pumpten den Dieselkraftstoff in leere Behälter um. Darüber hinaus wurde das Erdreich entsorgt, weil umweltgefährdende Stoffe in den Boden gelangt waren.

 

Mit Bescheid vom 30. September 2010 stellte die Beklagte dem Kläger daraufhin Gebühren und Kosten in Höhe von 4.282,09 € auf der Grundlage des § 36 des rheinland-pfälzischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes – LBKG – i.V.m. ihrer einschlägigen Satzung vom 1. Juli 2005 in Rechnung. Zur Begründung wurde darauf abgestellt, es handele sich um einen Gefährdungsanspruch, bei dem sich die Betriebsgefahr des Fahrzeugs verwirklicht habe.

 

Nachdem der Kreisrechtsausschuss bei der Kreisverwaltung Südwestpfalz den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2010 zurückgewiesen hatte, erhob der Kläger Klage und trug im Wesentlichen vor, im Rahmen einer sachgerechten Ermessensabwägung falle ins Gewicht, dass es sich bei dem in Brand geratenen Fahrzeug um eine Arbeitsmaschine im Einsatz gehandelt habe und die Gefahrensituation weder vorhersehbar noch vermeidbar gewesen sei. Das Arbeitsgerät sei durch die eigene Antriebsart letztlich nur zufällig dem Begriff des Kraftfahrzeuges zuzurechnen. Im Übrigen sei der Einsatz völlig unverhältnismäßig gewesen.

 

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 25. Juli 2011 der Klage stattgegeben und den angefochtenen Bescheid der Beklagten aufgehoben. Dabei wurde darauf verwiesen, dass der Brand des Mähdreschers nicht beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 2 LBKG entstanden sei, da kein Zusammenhang mit einem Einsatz als Fortbewegungs- und Transportmittel bestanden, sondern sich allein eine Gefahr, die mit seiner Funktion als Arbeitsmaschine verbunden gewesen sei, verwirklicht habe.

 

Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor, der Brand sei während des bestimmungsgemäßen Einsatzes des Mähdreschers auch als Fortbewegungsmittel verursacht worden. Denn das Abmähen und Dreschen von Getreide sei ohne ein Bewegen des Fahrzeugs nicht denkbar, sodass für solche Maschinen die verkehrsbezogene Betriebsgefahr zugrunde gelegt werden müsse.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Klage unter Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 25. Juli 2011 abzuweisen.

 

Der Kläger beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Er hält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für rechtmäßig und tritt den Darlegungen der Beklagten mit eigenen Ausführungen entgegen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

  

II.

 

Die Berufung der Beklagten, über die nach § 130a Satz 1 VwGO entschieden werden konnte, hat keinen Erfolg. Der Senat hält nach Anhörung der Beteiligten das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.


Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen den Kostenbescheid der Beklagten vom 30. September 2010 zu Recht stattgegeben, weil die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 2 LBKG nicht vorliegen. Danach kann die Beklagte als Aufgabenträgerin der Feuerwehr Ersatz der ihr durch die Einsatzmaßnahmen entstandenen Kosten von dem Fahrzeughalter verlangen, wenn die Gefahr oder der Schaden „beim Betrieb“ eines Kraftfahrzeuges entstanden ist. Das ist hier jedoch nicht der Fall.


Wie bereits der 6. Senat des erkennenden Gerichts in seinem Urteil vom 23. Januar 1990 (NVwZ-RR 1990, 417) entschieden hat, liegt diese Voraussetzung nur vor, sofern noch oder bereits ein Zusammenhang mit dem Einsatz des Kraftfahrzeuges als Fortbewegungs- und Transportmittel besteht. Daran fehlt es, wenn diese Faktoren keine oder lediglich noch eine deutlich untergeordnete Rolle spielen und das Fahrzeug ausschließlich bzw. vornehmlich als Arbeitsmaschine eingesetzt wird (vgl. hierzu BayVGH, Urteil vom 7. Mai 2009, 4 BV 08.166, juris; siehe auch BGH, Urteil vom 18. Januar 2005, NVwZ-RR, 2005, 381 f.; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 18. Februar 2010, 12 U 142/09, juris zu § 7 Abs. 1 StVG). Eine solche Betriebsgefahr ist darüber hinaus dem Fahrzeughalter haftungsbegründend allein dann zurechenbar, wenn sie Ausdruck des mit Konstruktion und Verwendung des Fahrzeuges regelmäßig verbundenen Gefahrenkreises ist, mit dessen Verwirklichung vernünftigerweise auch vom Fahrzeughalter gerechnet werden muss (vgl. zum Ganzen OVG RP, Urteil vom 11. September 2000, 12 A 10497/00.OVG, juris).


Gemessen an diesen Maßstäben hat sich vorliegend nicht die von dem Betrieb des Mähdreschers als Verkehrsmittel ausgehende Gefahr verwirklicht. Zwar wurde das Fahrzeug des Klägers zum Abmähen des Getreidefeldes fortbewegt. Jedoch ist hier jedenfalls nicht die Betriebsgefahr des Fahrzeuges, also eine verkehrsbezogene Gefahr, sondern allein diejenige der Arbeitsmaschine zum Tragen gekommen (so bereits Beschluss des Senats vom 22. März 2010, 7 A 10071/10.OVG; vgl. BayVGH, a.a.O. und Brandenburgisches OLG, a.a.O.). Insofern unterscheidet sich der Streitfall insbesondere von dem der Entscheidung des 12. Senats vom 11. September 2000 zugrunde liegenden Sachverhalt. Dieser war dadurch gekennzeichnet, dass ein Bagger aufgrund eines Kurzschlusses in Brand geraten war, nachdem man ihn zuvor mit eigener Maschinenkraft zum Einsatzort gefahren und dort zum Arbeitseinsatz abgestellt hatte. Bei einer derartigen Konstellation steht der Ausbruch eines Brandes noch in einem engen Zusammenhang mit der kurz zuvor ausgeübten Funktion des Fahrzeuges als Fortbewegungsmittel. Bei einem Mähdrescher im oder unmittelbar nach einem Ernteeinsatz auf einem Getreidefeld, mithin außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums, liegen die Dinge indes anders. Denn hier tritt die Fahrzeugeigenschaft als Verkehrsmittel gegenüber der Verwendung als Arbeitsmaschine nahezu vollständig zurück (vgl. zur Abgrenzung auch König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 7 StVG Rn. 7, 10 m.w.N.), was die Annahme einer verkehrsbezogenen Gefahr – anders als die Beklagte meint – ausschließt.


Schließlich steht dieses Ergebnis nicht in einem Widerspruch zum Beschluss des 12. Senats vom 10. April 2001 (12 A 10428/01.OVG), mit dem dieser die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 25. Januar 2001 (6 K 770/00.TR) abgelehnt hatte. Zwar war in dem dort entschiedenen Fall ebenfalls ein Mähdrescher während eines Ernteeinsatzes in Brand geraten. Gegen das klageabweisende Urteil der Vorinstanz, das die Rechtmäßigkeit der Heranziehung des Halters zu den hierbei entstandenen Kosten zu überprüfen hatte, war jedoch im Zulassungsverfahren allein geltend gemacht worden, dass der Frage der Anwendbarkeit des damaligen § 37 Abs. 1 Nr. 2 LBKG auf langsam fahrende Kraftfahrzeuge im Sinne des § 8 StVG grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukomme. Nur hiermit hatte sich der 12. Senat in der angesprochenen Entscheidung befasst.