Prozessrecht


Kausalitätsnachweis

OLG Düsseldorf - 23 U 86/12 -, Hinweisbeschluss vom 19.02.2013

OBERLANDESGERICHT   DÜSSELDORF

BESCHLUSS

 

ln dem Rechtsstreit

 

 

XXXXXXXXXX   ./. 1. XXXXXXXXXX

 

                               2. XXXXXXXXXX

 

 

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Maifeld und die Richterinnen am Oberlandesgericht Lieberoth-Leden und Ebert am 19.02.2013

 

beschlossen:

 

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

 

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 08.03.2013.

 

 

Gründe:

 

 

 

I.

 

Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs . 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) . Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) und die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 513 ZPO) .

 

Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen , weil es den Kläger als beweisfällig dafür angesehen hat, dass die schadensursächlichen Pflastersteine von der Verladung des Miscanthus durch die Erstbeklagte in Jüchen herrührten und damit die haftungsbegründenden Anspruchsvoraussetzungen sowohl der §§ 280 Abs. 1, 631 Abs . 1 BGB als auch gemäߧ 831 Abs . 1 Satz 1 BGB oder aus§ 7 Abs .1 StVG verneint hat. Die Aktivlegitimation des Klägers kann dabei offen bleiben, obwohl sie angesichts der vorgelegten Abtretungserklärung vom 27.07.2011 (BI. 57) gegeben sein dürfte.

 

1 .

Keinen Erfolg hat der Kläger mit dem Berufungseinwand, die Tatsachenfeststellung sei unvollständig , weil das Landgericht über ein von ihm vorgetragenes Anerkenntnis hätte Beweis erheben müssen . Der Kläger hat die Anspruchsvoraussetzungen eines (einzig in Betracht kommenden) deklaratorischen Schuldanerkenntnisses schon nicht schlüssig dargelegt .

 

Mit dem deklaratorischen oder kausalen Anerkenntnis wird der Zweck verfolgt , eine zwischen den Parteien bereits bestehende Schuld zu bestätigen . Es setzt voraus , dass die Parteien aufgrund eines besonderen Anlasses das zwischen ihnen bestehende Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder        der                Ungewissheit    entziehen wollen , es in diesem Sinne festzustellen (grundlegend BGH Urteil vom 01.12.1994 - VII ZR 215/93, MDR 1995, 244; Urteil vom 09.10.1997 - IX ZR 269/96, MDR 1998, 25; Urteil vom 24.6.1999 - VII ZR 120/98, MDR 1999,1191; Palandt/Sprau , BGB, 71 . Aufl. 2012 Rdnr. 3 m.w .N.). Hierzu hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen , so dass es einer Beweisaufnahme darüber nicht bedurft hat. ln den Schriftsätzen vom   14.07.2011 sowie 30.08.2011 hat der Kläger lediglich vorgetragen , dass die Beklagte zu 1. außergerichtlich von einer Schadensverantwortung         ausgegangen sei und dies nach Bekanntwerden des Schadens            gegenüber dem Zeugen Anten S…………… eingeräumt habe (Schriftsatz vom 14.07.2011) bzw. dass die Beklagte zu 1. außergerichtlich ihre Schadensverantwortlichkeit     zugestanden habe und sie den verfahrensgegenständlichen Anspruch dem Grunde nach anerkannt habe , während es lediglich zur Höhe keine Erklärung seitens der Beklagten zu 1. gegeben habe (Schriftsatz vom 30.08 .2011). Dieser pauschale Vortrag erfüllt nicht die Voraussetzungen eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses . Da die Beklagten im Schriftsatz vom 09.09.2011 in Erwiderung auf den klägerischen Schriftsatz vom 30.08 .2011 vorgetragen haben, dass es nach wie vor schlicht eine Erfindung des Klägers         sei, dass der Beklagte zu 1) außergerichtlich eine Schadensverantwortlichkeit wie auch immer zugestanden habe, hätte dieser - auch im Hinblick darauf , dass die Beklagte zu 1. aus zwei Personen besteht - vortragen müssen , was, wann , wo , und von wem genau besprochen worden ist .

 

Auch wenn das Landgericht seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen ist, so ist diese Rüge in der Berufungsinstanz nicht erheblich . Denn der Kläger trägt nach wie vor nicht vor , was in oben beschriebener Weise im Sinne eines Anerkenntnisses genau festgestellt worden sein soll .

 

2.

Die Berufungsangriffe des Klägers gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der landgerichtliehen Tatsachenfeststellung zur Herkunft der in der Verarbeitungsanlage gefundenen Pflastersteine haben ebenfalls keinen Erfolg, da Beweisaufnahme und Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden sind . Der Senat legt seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Landgericht festgestellten Tatsachen zugrunde , da konkrete Anhaltspunkte fehlen , die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen, so dass eine erneute Feststellung der Tatsachen nicht geboten ist(§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) .

 

 

Zweifel an der  Richtigkeit und Vollständigkeit  der entscheidungserheblichen tatsächlichen Feststellungen liegen nur dann vor, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts eine gewissen Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle der (erneuten) Beweiserhebung die erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt. Konkrete Anhaltspunkte , die die Bindung entfallen lassen, können sich aus Verfahrensfehlern ergeben , die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler                liegt insbesondere vor , wenn die Tatsachengrundlage falsch erfasst ist, oder  die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt , die von der Rechtsprechung zu § 286 ZPO aufgestellt wurden (BGH , Urteil vom 12.03.2004, V ZR 257/03, NJW 2004, 1876). Letzteres ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist (Musielak/Ball , ZPO , 8. Aufl. , 2011 , § 529, Rdnr. 8) oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt auch vor , wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden , die sie nicht haben können oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH, Urteil vom 12.03.2004, V ZR 257/03 , NJW 2004, 1876). Zweifel können sich zudem aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben , insbesondere daraus , dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzliehen Beweisaufnahme anders würdigt als das Gericht der Vorinstanz (BVerfG , Beschluss vom 12.06.2003, 1 BvR 2285/02 , NJW 2003 , 2524; BVerfG, Beschluss vom 22.11.2004, 1 BvR 1935/03, NJW 2005 , 1487). Solche Zweifel ergeben sich hier nicht. Die Beweiswürdigung des Landgerichts weist vielmehr keine Verfahrensfehler auf, sie wird den Anforderungen des § 286 ZPO gerecht.

 

a)

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze hat der Berufungsangriff des Klägers, das Landgericht hätte den Zeugen die als Anlage K 2 eingereichten Fotos vorlegen müssen , keinen Erfolg. Denn zu den in der Verarbeitungsanlage gefundenen Steinen stellt das Landgericht auf S .7 des Urteils zutreffend fest , dass diese kein derart individuelles Erscheinungsbild haben, dass sie sich eindeutig als diejenigen , die für das Beschweren der Folien auf den Feldern in Jüchen verwendet worden sind, identifizieren ließen. Es handele sich lediglich um fünf Pflastersteine , die in einer großen Lagerhalle , in der mit verschiedenen Baustoffen gearbeitet worden sei, nicht unbedingt hätten auffallen müssen . Die Herkunft der Steine , die nach dem Schadensfall in der Maschine gefunden worden seien, lasse sich deshalb letztlich nicht mehr hinreichend aufklären . Zutreffend weist der Beklagtenvertreter darauf hin, dass auch der Klägervertreter in der Beweisaufnahme keine Veranlassung gesehen hat, den Zeugen die Lichtbilder vorzuhalten . ln der Berufungsbegründung trägt der Kläger nicht vor , anhand welcher Merkmale den Zeugen eine eindeutige Zuordnung der Steine möglich sein soll. Die Gestalt der Steine ist jedenfalls nicht so individuell, dass sie eine eindeutige Zuordnung ermöglichen würde.

 

b)

Das Landgericht ist ebenfalls nicht von einem überhöhten Maß für den notwendigen Beweis ausgegangen. Die von dem Kläger insoweit zitierte Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden . Dem Urteil lässt sich zweifelsfrei entnehmen , dass das Landgericht nicht - wie der Kläger meint - " auf der Suche nach der absoluten Gewissheit" war , sondern es hat nachvollziehbar dargelegt , warum es nicht die Gewissheit gewonnen hat, dass der Beklagten zu 1. zurechenbar Pflastersteine verladen worden sind und dies schadensursächlich geworden sind . Die Berücksichtigung der Möglichkeit , dass sich die Steine schon von früheren Lieferungen her in der Zwischenlagerungshalle der XXXXX XXXXXXX B.V. befunden haben und nur zufällig zusammen mit den vom Kläger gelieferten Miscanthus in die Verarbeitungsanlage geraten sind, ist nicht zu beanstanden. Denn die Erwägung, dass die Steine zusammen mit dem in der Halle ebenfalls lagernden Flachs oder den geschredderten Faserplatten abgeladen worden sind und infolge der fehlenden Abtrennungen zwischen verschiedenen Lagerhaufen im Zuge von Arbeiten in der Lagerhalle zu dem Miscanthushaufen geraten sind, ist nachvollziehbar . Um die Steine zu bewegen bedurfte es hiernach nicht der vom Kläger betonten "reinen Luftbewegungen" . Das Vorhandensein der Steine , die sich nach dem Landgericht auch schon viel länger in der Zwischenhalle befunden haben können und erst bei Aufnahme des Miscanthus für die Verarbeitung mittels eines Frontladers mit ausgeschaufelt   worden seien können , ohne dass sie bis dahin bemerkt worden wären ,            ist demnach auch mit dem vom Kläger vorgetragenen Transport des Flachses bzw. der geschredderten Platten in Übereinklang zu bringen und widerspricht nicht der Aussage des Zeugen XXXXXXXXX.

 

c)

Die Berufung des Klägers hat überdies auch insoweit keinen Erfolg, als sie die Würdigung der Aussagen der Zeugen N. und D. angreift.

Auch wenn es die Zeugen nicht auszuschließen vermochten , dass Pflastersteine verladen worden sind, wird durch die Aussage die Behauptung des Klägers gerade nicht bestätigt. Die Behauptung des Klägers, es sei nicht sichergestellt , dass keine Steine verladen worden seien , vermag einen Anspruch nicht zu begründen.

 

d)

Zutreffend hat das Landgericht schließlich einen Direktanspruch gegen die Beklagte zu 2. gemäß § 7 Abs. 1 StVG abgelehnt. Der Schaden ist nicht bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges entstanden. Der erforderliche verkehrsspezifische Zusammenhang fehlt, da der Traktor als Arbeitsmittel und nicht als Verkehrsmittel eingesetzt worden ist (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 01.10.1998, 1 U 122/97, DAR 1998,474 m.w.N .)

 

                                                              

II.

 

 

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs . 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs . 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs . 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO) .

 

 

 

 

Dr. Maifeld                           Lieberoth- Leden                             Ebert

Download
OLG Düsseldorf 23 U 86-12.docx
Microsoft Word Dokument 232.2 KB