1. Auch bei einem Schaden an einer Brille ist ein Abzug "neu für alt" gerechtfertigt, jedenfalls dann, wenn sich die
Dioptrien geändert haben..
2. Wer den Kontakt zu einen Tier sucht, ist für einen kausalen Schaden durch das Tier
mitverantwortlich.
Der Hund des Winzers sprang auf den Kläger, der den Winzerhof zum Erwerb von Wein aufsuchte, zu und der Kläger beugte sich zu ihm hinunter. Durch den ungetümen Hund wurde
dem Kläger die Brille vom Kopf gerissen und zerbrach. Er machte Schadensersatz in Höhe der Kosten einer neuen Brille geltend. Lediglich ein Teilbetrag wurde von Haftpflichtversicherer des Winzers
reguliert. Die Klage auf Restzahlung wurde vom Amtsgericht abgewiesen. Da nach dem Sachverständigengutachten, welches vom Amtsgericht eingeholt wurde, feststand, dass die Sehschärfe (festgestellt
an den Angaben zur Dioptrien in der Rechnung der alten Brille und in der Rechnung für die neue Brille) sich verschlechtert hatte, sah das Amtsgericht einen Abzug "neu für alt" bei der Brille als
gerechtfertigt an, da lediglich der notwendige Neurwerb einer Brille infolge der Verschlechterung der Sehschärfe vorgezogen wurde. Im übrigen sah es auch ein eingewandtes Mitverschulden des
Klägers, da sich dieser ohne Not so in die Nähe des Hundes begabm dass es zu dem Schaden kommen konnte.
AG Alzey, Urteil vom 11.07.2014 - 23 C 69/13 -
Urteil im Wortlaut:
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten restlichen Schadenersatz wegen eines Brillenschadens.
Der Kläger befand sich am 26.11.2012 bei dem Beklagten in Framersheim. Der Kläger beugte sich zu dem jungen Hund des Beklagten, der sofort freudig in seine Richtung sprang und ihm dabei die Brille von der Nase stieß.
Die Brille wurde - zumindest was die Gläser betrifft - am 2.10.2008 zu einem Neupreis von 1.110,50 € brutto (BI. 11 der Akte) beschafft. Am 27.11.2012 kaufte sich der Kläger eine neue Brille im Wert von 1.140 € (BI. 12 der Akte) . Die Beklagte zahlte vorgerichtlich an den Kläger 400 €. Den Differenzbetrag zu der neu angeschafften Brille verfolgt der Kläger mit der vorliegenden Klage.
Der Kläger trägt vor, die zerstörte Brille habe im Juni 2010 eine Neufassung erhalten. Er ist der Ansicht, dass ein Abzug neu für alt nicht vorzunehmen sei, weil es keinen Gebraucht markt gebe und eine Brille grundsätzlich, sofern sich das Sehvermögen ihres Trägers nicht ändere und dieser Modeerscheinungen nicht folge, ein Leben lang unverändert ihre Funkti on erfüllen könne.
Er beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 740 Euro nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über
·dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 8.3.2013 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, die Nutzbarkeit der alten Brille, die beidseitig um bis zu 0,50 dpt von der neu en Brille abwich, habe maximal etwa sechs Monate, und ihr Zeitwert wegen einer Reduzie rung der Sehschärfe um ca. 17 % bei einem Anschaffungspreis von 1167 € und einem Alter von vier Jahren und einem Monat 361 € betragen. Sie ist der Auffassung, dass sich der Klä ger zumindest ein Mitverschulden anzurechnen habe, sie aber schon dem Grunde nach we gen § 840 Abs. 3 BGB nicht schadenersatzpflichtig sei.
Das Gericht hatBeweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 11.7.2013 durch Einholung eines s·achverständigengutachtens, das aufgrund Beschlusses vom 19.2.2014 einmal er gänzt worden \st. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das ergänzte Gutachten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der klägerisch geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht aus § 831BGB.
Der Kläger ist mit den vorgerichtlich gezahlten 400 € ausreichend bezahlt (§ 362 Abs. 1 BGB).
Es kann dabei offen bleiben, ob der Kläger den Nachweis geführt hat, dass die beschädig te Brille im Jahr 2010 eine Neufassung erhielt; denn zu seinen Gunsten hat der Sachver ständige in seinem Ergänzungsgutachten vor dem Hintergrund dieser Information seinen zu nächst ermittelten Betrag i.H.v. 440,05 € wie oben angegeben erhöht.
Der Kläger hat sich ferner ein Mitverschulden i.H.v. 20 % anrechnen zu lassen (§ 254 BGB). Generell darf sich der Verletzte nicht ohne besonderen Grund in die Gefahr bringende Nähe eines Tieres begeben haben oder sonst besondere Risiken heraufbeschworen haben (BGH JZ 1955, 87). Dadurch, dass sich der Kläger zu dem jungen Hund bückte, hat er die Realisierung des konkreten Schadens erst ermöglicht.
Der klägerische Schaden beläuft sich damit auf 368,86 €. Dieser ist durch die Beklagte be reits überzahlt.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91Abs. 1,708 Nr. 11,711 ZPO.