Fitnessstudiovertragsrecht


Bekannte Krankheit rechtfertigt nicht die fristlose Kündigung

LG Frankfurt am Main - 2-16 S 136/10 -, Hinweisbeschluss vom 22.09.2010

Das LG Frankfurt wies den Nutzer darauf hin, dass es beabsichtige, dessen Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen; die Berufung wurde zurückgenommen.

 

"Derjenige Kunde jedoch, der in Kenntnis seiner Erkrankung einen langfristigen Nutzungsvertrag mit einem Fitnessstudio abschließt, übernimmt damit auch das Risiko, dass er die ihm angebotenen Leistungen möglicherweise nicht vollständig in Anspruch nehmen können wird. Soweit die Berufung diese Risikoverteilung als unbillig ansieht, vermag die Kammer dieser Wertung nicht beizutreten. Diese Wertung und Risikoverteilung entspricht vielmehr der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach eine außerordentliche Kündigung nicht auf Umstände gestützt werden kann, die ausschließlich dem Risikobereich des Kündigenden entstammen (BGHZ 136, 161; BGH NJW 1991, 1828; BGH NJW-RR 2002, 1273). Soweit die Berufung - erstmals - vorträgt, dass auch die Klägerin bei Vertragsschluss Kenntnis von der Erkrankung der Beklagten gehabt habe, mag dahinstehen, ob dieser Vortrag nach § 531 ZPO möglicherweise nicht zu berücksichtigen ist, zumal die Klägerin erstinstanzlich im Schriftsatz vom 16.06.2010, S. 5, gerade darauf hingewiesen hat, dass eine Kündigung der Beklagten gerade auch deswegen ausscheidet, weil ihr - der Beklagten - die Erkrankung bei Vertragsschluss bekannt war. Doch auch die Zulassung dieser neuen Tatsache rechtfertigt eine andere Entscheidung als die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der restlichen Monatsbeiträge nicht. Die Zuweisung des Risikos, dass die Beklagte aufgrund ihrer Erkrankung die ihr angebotenen Leistungen der Klägerin möglicherweise nicht vollständig in Anspruch nehmen können wird, in die Sphäre der Beklagten wird nicht dadurch berührt, dass die Klägerin möglicherweise Kenntnis von der Erkrankung der Beklagten hatte. Die Abgrenzung und Zuweisung der Risikosphären der Vertragsparteien kann sich aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und dem dispositiven Recht ergeben (BGHZ 74, 370, 374; BGH NJW 1992, 2690). Anerkannt ist weiter, dass bei der Bestimmung der Risikosphären auch die wirtschaftlichen Zusammenhänge zu beachten sind. Sind dagegen keine Zurechnungskriterien ersichtlich, hat nach dem Grundsatz casum sentit dominus der Leistungsempfänger das Risiko zu tragen (Unberath in Beck`scher Online-Kommentar, Hrsg. Bamberger/Roth, Stand 01.02.2009, $ 313 Rn. 27). Nachdem die Parteien dem Vortrag der Beklagten gemäß den Vertrag in Kenntnis der Vorerkrankung der Beklagten mit einer Laufzeit von 24 Monaten und zudem ohne eine Sonderkündigungsmöglichkeit der Beklagten für den Fall der Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes geschlossen haben, ergibt sich im vorliegenden Falle bereits aus dem Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages, dass die Beklagte das Risiko tragen sollte, welches mit einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes einherging. Sollte die Beklagte bei Vertragsschluss Anderes im Sinne gehabt haben, so hat dies jedenfalls keinen Eingang in den schriftlichen Vertrag gefunden, so dass es hierauf gemäß § 116 BGB i.S.d. eines geheimen Vorbehaltes nicht ankommt. Schließlich kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, dass ihre körperlichen Leiden durch das bei der Klägerin absolvierte Training nicht weniger geworden sind. Dass die Klägerin einen "Behandlungserfolg" schuldet, lässt sich dem Fitnessvertrag nicht entnehmen."