Schadensersatz


Aufwendungsersatz der Krankenkasse - zum Darlegungsumfang

OLG Koblenz, Urteil vom 21.03.2011 - 12 U 89/09 -


Das OLG Koblenz musste der Frage nachgehen, welche Erstattungsansprüche die Krankenkasse gegen den Schädiger (einen Tierhalter, haftend nach § 833 S. 1 BGB) hat. Zu berücksichtigen war, dass sich der Anspruch des Krankenversicherers nach § 116 SGB X richtete. Hier, so das OLG Koblenz, sei der Krankenversicherer entgegen der Annahme des erstinstanzlichen Gerichts seiner entsprechenden Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen. 

 

Aus den Gründen:

Tenor

 

Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin gegenüber verpflichtet ist, jedweden weiteren Schaden zu begleichen, der der Klägerin anlässlich des Schadensereignisses vom 1.12.2005 in Bad Kreuznach durch weitere Aufwendungen gegenüber ih.rem Versicherten ,,, entstanden ist und künftig entstehen wird, soweit ·nicht die Ansprüche der Klägerin gemäß §116 SGB X auf andere Träger der Sozial­versicherungen übergegangen sind. 

 

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

  

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 64 %und der Beklagte 36 %.

  

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.                                                                            II

                                       

                                        Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht in Anspruch für Aufwendungen, die sie für ihren Versicherten … erbracht hat, sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für weitere unfallbedingte Leistungen. Wegen der Sachverhaltsdarstellung wird auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

 

Das Landgericht hat der Klage bis auf 100,00 € für ersparte häusliche Aufwendungen des Versicherungsnehmers der Klägerin stattgegeben. Es führt dazu aus, der Beklagte hafte gemäß § 833 BGB i.V. mit § 116 SGB X, da sich bei der Kutschfahrt des Beklagten mit dem Versicherungsnehmer der Klägerin die Tiergefahr der Kutschpferde verwirklicht habe. Der Beklagte habe die Kutsche allein geführt, für ein Mitverschulden des Versicherungsnehmers der Klägerin als Tieraufseher nach § 834 BGB sei kein Raum. Ein stillschweigend vereinbarter Ausschluss können ebenfalls nicht angenommen werden, da eine Haftpflichtversicherung, die das Tierhalterrisiko umfasse, bestanden habe.

 

Die Klägerin habe die geltend gemachten Aufwendungen zu  Recht getragen. Die vorgelegten Unterlagen reichten für die Überzeugungsbildung nach § 286 ZPO aus, da es sich bei der Klägerin um eine Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherungen handele, die der Aufsicht der zuständigen Behörden unterstehe. Es gebe keinen konkreten Anhalt dafür, dass die Klägerin falsch abgerechnet oder die Aufwendungen nicht getragen habe.          

 

Die Beklagte hat gegen das Urteil des Landgerichts Berufung eingelegt und beantragt, die Klage insgesamt abzuweisen, hilfsweise die Revision zu­zu­las­sen (BI. 108, 195 GA). Er rügt, das Land­gericht habe zu dem vorgetragenen stillschweigend vereinbarten Haftungsausschluss den dafür als Beweis angebotenen  Zeugen XY nicht angehört. Dieser hätte sich, wenn er vor Antritt der Fahrt gefragt worden wäre, ohne weiteres auf eine Haftungsfreistellung eingelassen.

 

Der Zeuge und der Beklagte seien befreundet und zusammen teils als Fahrer, teils als Beifahrer mit der Kutsche gefahren. Außerdem habe hier keine gesetzliche Pflichthaftpflichtversicherung bestanden, so dass bei einer Inanspruchnahme der Versicherung die Kündigung des Versicherungsvertrages drohe. Der Beklagte bestreitet des weiteren wie bereits in erster Instanz die Höhe des geltend gemachten Anspruchs und rügt, dass die Klägerin auch mit den eingereichten Unterlagen ihre Klageforderung nicht nachvollziehbar dargelegt habe.

 

Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.

 

Der Senat hat die Klägerin mit Verfügungen vom 12.08.2010 (BI. 126 GA) und 8.11.2010 (BI.166 GA) darauf hingewiesen, dass sie ihren Anspruch nicht ausreichendbelegt hat.

 

Wegen des weiteren Verbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen.

 

Die zulässige Berufung hat Erfolg, soweit der Beklagte zur Zahlung von 5.233,02 € nebst Zinsen verurteilt worden ist; im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

 

Das Landgericht geht zu Recht von der Haftung des Beklagten dem Grunde nach aus § 833 BGB für. Schäden aus, die der Versicherungsnehmer der Klägerin bei dem Unfall am 1.12.2005 erlitten hat. Dabei gingen die Pferde des Beklagten durch und er selbst sowie der Versicherungsnehmer der Klägerin wurden von der Kutsche geschleudert und verletzt. Damit hat sich die von den Kutschpferden ausgehende spezifische Tiergefahr verwirklicht. Für ein Mitverschulden nach§§ 254, 834 BGB fehlt es schon daran, dass nicht der Versicherungsnehmer der Klägerin die Pferde. geführt hat, sondern der Beklagte. Damit hatte der Beklagte die selbständige allgemeine Gewalt und die Aufsicht über die Pferde übernommen. Da dem Beklagten ein Fahrfehler nicht vorgeworfen wird, ist nicht ersichtlich, wie der Versicherungsnehmer der Klägerin den Unfall hätte verhindern sollen.

 

Ein stillschweigend vereinbarter Haftungsausschlussscheidet aus, weil hinter dem Beklagten ei­ne Haftpflichtversicherung steht. Dabei ist nicht danach zu unterscheiden, ob es sich um eine. freiwillige oder eine gesetzliche Pflichtversicherung handelt; entscheidend ist, dass der Schädi­ger überhaupt gegen Haftpflicht versichert ist (vgl. BGH NJW 2008, 1591 - 1593). Das Landgericht musste den Zeugen ... nicht zu einem möglichen Haftungsverzicht hören, da es nicht darauf ankommt, zu was eine Partei die andere überredet hätte, wenn darüber gesprochen worden wäre.  Entscheidend ist vielmehr, was beide Parteien als redlichen lnteressenausgleich gewollt oder hingenommen hätten, wenn sie über einen Haftungsverzicht gesprochen hätten (Staudinger/Reth, BGB, § 157 Rn. 31; Palandt/EIIenberger, BGB, 70. Aufl., § 157 Rn. 7). Unter diesen Voraussetzungen kann nicht angenommen werden, dass der Zeuge …  trotz bestehender Haftpflichtversicherung auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verzichtet hätte.

 

Dem Grunde nach haftet die Beklagte daher für Aufwendungen, die die Klägerin aus dem Schadensereignis für ihren Versicherungsnehmererbringt und künftig noch erbringen wird. Da weitere unfallbedingte Behandlungen nicht ausgeschlossen werden können, ist das Landgericht zu Recht von der Einstandspflicht des Beklagten für weitere Schäden ausgegangen.

 

Hingegen war der Zahlungsantrag der Klägerin. abzuweisen, da er der Höhe nach nicht nachvollziehbar dargelegt wurde. Zwar kann die Klägerin gegenüber einem Schädiger grundsätzlich nach den mit dem Krankenhaus vereinbarten Fallpauschalen abrechnen. Allerdings muss dieser die Möglichkeit haben, nachzuprüfen, ob die geltend gemachten Aufwendungen im Verhältnis des Krankenversicherers zum Krankenhaus geschuldet waren (vgl. OLG Hamm in VersR 2010, 91-93).

 

Die Klägerin hat zwar auf die Hinweise des Senats für die beiden Behandlungszeiträume im Diakonie Krankenhaus Bad Kreuznach Rechnungen des Krankenhauses vom 15.12.2005 (BI. 183GA) und 27.04.2003 (BI. 186 GA) vorgelegt, in denen der KHS-Basisfallwert und die Bewertungsrelation aus dem Fallpauschalenkatalog, der in Auszügen ebenfalls zu den Aktengereicht wurde (BI. 192,·193 GA), angegeben werden. Rechnerisch können die darin angegebenen Kosten nachvollzogen werden. Aus den eingereichten Unterlagen ergibt sich aber nicht, worauf der vom Krankenhaus jeweils zugrunde gelegte KHS-Basisfallwert beruht. Der Beklagte hat bereits in erster Instanz beanstandet, dass er anhand der vorgelegten Unterlagen nicht überprüfen könne, ob die Berechnungen des Krankenhauses zutreffend seien. Solange die Klägerin nicht nachweist, z.B. durch Vorlage einer Vereinbarung mit dem Diakonie Krankenhaus oder einer sonstigen Festsetzung des Werts, dass die zugrunde gelegten Basisfallwerte richtig sind, kann immer noch nicht festgestellt werden, ob die Rechnungen korrekt sind und die Klägerin die Beträge zu Recht vom Beklagten als Schadensersatz aus übergegangenem Recht verlangt. 

 

Hinzu kommt, dass die Klägerin für die Behandlung vom 11.04.2006 bis 13.04.2006 mit der Klage ­einem Be­trag von 2.693,85 € geltend macht, die entsprechende Rechnung des Diakonie Krankenhauses aber mit 2.718,99 € endet. Die Klägerin hat nicht dargelegt, welche Beträge sie aus der Rechnung des Krankenhauses ersetzt verlangt und welche Beträge sie nicht geltend macht. Eine solche Klarstellung wäre aber erforderlich, damit feststeht, welche Aufwendungen der Klägerin von einer Entscheidung des Gerichts erfasst werden.

 

Glei­ches gilt für den Behandlungszeitraum vom 1.12.2005bis 7.12.2005. Die Rechnung der Klägerin an die Haftpflichtversicherung des  Beklagten weist einen Betrag von 2.518,99 € aus; diesen klagt sie (zusammen mit 120,75 € für ambulante Behandlung) ein. Das Diakonie Krankenhaus berechnet der Klägerin 2.543,83 € (ohne ambulante Behandlungskosten). Auch insoweit decken sich der eingeklagte Betrag und der in der Rechnung des Krankenhauses ausgewiesene Betrag nicht. Es ist unklar, wie sich der mit der Klage geltend gemachte Betrag zusammensetzt.

 

Auch die Pauschale für die ambulanten Behandlungskosten in Höhe von 120,75 € aus der Rechnungsaufstellung der Klägerin vom 29.05.2006(BI. 17 GA) lässt sich nicht nachvollziehen. Die Klägerin verweist auf § 116 Abs. 8 SGB X, der wiederum auf § 18 SGB IV verweist. Daraus ergibt sich aber lediglich, dass die Geltendmachung eines Pauschalbetrages möglich ist, nicht aber wie sich dieser errechnet. Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen. Hinzu kommt, dass sich der Betrag von 120,75 € aus den vorgelegten Unterlagen des Diakonie Krankenhauses nicht entnehmen lässt. Auch in den Rechnungen vom 15.12.2005 und 27.04.2006 wird die Pauschale nicht aufgeführt

 

Die Ausführungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 15.03.2011 führen nicht zu einer anderen Beurteilung.

  

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 8.233,02 €.

 


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Urteil im Abdruck
OLG Koblenz, 21.03.2011 - 12 U 891-09 -.
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