Fitnessstudio-Vertragsrecht


Migräne ist kein Kündigungsgrund

AG Geldern, Urteil vom 07.02.2018 - 17 C 205/16 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Der Beklagte kündigte den Fitnessstudiovertrag aus krankheitsbedingten Gründen fristlos. Als Grund benannte der Beklagte Migräne sowie Spannungskopfschmerzen, die - seinen Angaben zufolge - beim Sport und damit beim Training im Fitnessstudio auftreten würden. Der Kläger bestritt die behauptete Erkrankung und insbesondere einen Zusammenhang mit einem Training in seinem Fitnessstudio und machte geltend, dass selbst bei Vorliegen der benannten Erkrankung der Beklagte trainieren könne. Darauf basierend forderte er das weitere Nutzungsentgelt.

 

Das Amtsgericht hat ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Auf der Grundlage dieses Gutachtens gab es der Klage statt. Zwar habe der Sachverständige bei dem Beklagten Migräne mit Aura und Spannungskopfschmerzen bejahrt, allerdings ausgeführt, die Ursache sei unklar. Alternativen seien denkbar und nach Angaben des Beklagten hätte die Migräne während der „Sportzeit“ des Beklagten über mehrere Jahre nicht zugenommen. Nach den vom Amtsgericht übernommenen Angaben des Sachverständigen anlässlich seiner Anhörung im Termin sei es medizinisch nicht möglich, konkrete Ursachen für eine Migräne und daraus resultierenden Kopfschmerzen festzustellen. Zwar seien bei Studien sogen. Tiggerfaktoren erstellt worden, die von Betroffenen als Ursache für eine Migräne angegeben worden seien, doch ließe sich daraus nichts ableiten, da es sich um rein subjektive und nicht objektivierbare Angaben der Patienten handele. Der Sachverständige könne zwar eine (Mit-) Ursache von Sport nicht ausschließen, doch sei eine Monokausalität nicht ermittelbar.

 

Der Beklagte aber sei für das Vorhandensein des Kündigungsgrundes darlegungs- und beweisbelastet. Ein zureichender Zusammenhang zwischen den Beschwerden des Beklagten und der Fitnessstudionutzung ließe sich aber nach den Darlegungen des medizinischen Sachverständigen nicht feststellen.

 

 

Hinzu käme vorliegend, dass der Beklagte nach eigenen Angaben gegenüber dem Sachverständigen angab, auch jetzt noch Sport in Form von Joggen zu betreiben. Da der Vertrag mit dem Kläger auch für Gerätetraining ausgelegt war, was mithin auch Laufbänder, Ergometer etc. einschließe und nicht nur eine Ausrichtung auf Kraftsport bedeute, sei dem Beklagten auch vor diesem Hintergrund eine Nutzung weiterhin möglich gewesen. 

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

1.      Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 199,50 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 %­ Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 39,90 € seit dem 03.05., 02.06., 02.07., 02.08. und 02.09.2016 sowie 75,20 € vorgerichtliche Kosten zzgl. Zinsen i.H.v. 5 %,;.Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.06.2016 z:u zahlen.

 

2.      Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

 

3.      Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

4.      Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Ohne Tatbestand gem.§§ 313 a Abs. 1 S. 1,495,511 ZPO.

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Klage ist begründet.

 

I.                      

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Mitgliedsbeiträge gern.§ 535 Abs. 2 BGB.

1.

Zwischen den Parteien ist unstreitig ein Fitnessstudiovertrag zustande gekommen. Dieser Vertrag ist, da er keine besonderen über die Zurverfügungstellung der Trainingsmöglichkeiten hinausgehende Dienstleistungen umfasst, als Mietvertrag einzustufen (Palandt/Weidenkaff, 74. Auflage, BGB, Einf v § 535, Rn. 36).

2.

Dieser Vertrag ist durch den Beklagten nicht wirksam durch eine außerordentliche Kündigung beendet worden, wodurch der Beklagte von der Zahlungsverpflichtung hinsichtlich der Mitgliedsbeiträge ab Mai 2016 befreit worden wäre.

Vielmehr führt die Kündigung des Beklagten im April 2016 als fristgemäße Kündigung zur Beendigung des Vertrages zum Ablauf des Vertragsjahres im September 2016.

a)

Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob einer außerordentlichen Kündigung wegen einer Erkrankung bereits Ziffer 8 des vereinbarten Vertrages (Anlage K_ 1, BI. 4 d.A.) entgegensteht, nachdem in derartigen Fällen allenfalls ein Ruhen des Vertrages mit entsprechenderVerlängerung desselben r,öglich sein soll, weil sich nach der durchgeführten Beweisaufnahme ein außerordentlicher Kündigungsgrund des Beklagten nicht feststellen ließ.

b)

Dabei folgt das Gericht den Angaben des Sachverständigen Dr. X in dessen Gutachten und mündlicher Erörterung.

Anhaltspunkte die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Sachverständigen oder der Glaubhaftigkeit seiner An gaben begründen könnten, sind nicht ersichtlich.

In seinem Gutachten vom 24.02.2017 (BI. 82 ff. d.A.) führte der Sachverständige Dr. X aus, dass bei dem Beklagten eine Migräne mit Aura sowie Spannungskopfschmerzen festzustellen sind (S. 14 des Gutachtens, BI. 95 d.A.). Die Ursache dieser Symptome sei jedoch unklar (S. 17 / 18 des Gutachtens, BI. 98 / 99 d.A.). Hierzu führte der Sachverständige aus, dass neben Sport verschiedene Alternativen denkbar seien, die Ursache eines Spannungskopfschmerzes sein könnten. Zudem war festzustellen, dass die Migräne bei dem Beklagten während der Sportzeit über mehrere Jahre nicht zunahm.

Im Rahmen der mündlichen Erläuterung sein_er Angaben in der öffentlichen Sitzung vom 16.01.2018 gab der Sachverständige Dr. X an, dass es medizinisch nicht möglich sei, konkrete Ursachen für eine Migräne und daraus resultierende Kopfschmerzen festzustellen bzw. zu diagnostizieren. Im Rahmen der hierzu aufgestellten Studien seien sogenannte Triggerfaktoren erstellt worden, die von Betroffenen als Ursache für eine Migräne angegeben wurden. Hierbei handele es sich aber nicht um objektivierbare Feststellungen, sondern reine subjektive Empfindungen der Patienten, die medizinisch nicht nachprüfbar seien. Insofern könne zwar nicht ausgeschlossen werden, dass der von dem Beklagten betrieben Sport (mit-)ursächlich zu den Beschwerden führe, jedoch sei eine Monokausalität objektiv nicht ermittelbar.

Ausweislich der medizinischen Feststellungen im Rahmen der Beweisaufnahme war somit ein Zusammenhang zwischen den Beschwerden des Beklagten und der Fitnessstudionutzung nicht mit ausreichender Gewissheit feststellbar.

Zudem ergab sich, dass Sport fü. r d·en Beklagten grundsätzlich.glich ist. Hierzu gab er im Rahmen seiner Untersuchung gegenüber dem Sachverständigen sogar ausdrücklich an, dass er auch jetzt Sport treibt, in dem er jedenfalls joggt. Laufen ist dabei auch in einem Fitnessstudio grundsätzlich möglich, wobei hervorzuheben ist, dass auch  der  Vertrag  den  die  Parteien  abgeschlossen  hatten  für ein Gerätetraining" abgeschlossen wurde, was grundsätzlich sämtliche Geräte, also auch Laufbänder, Ergometer , etc . einschließt, so dass nicht nur " ein Kraftsport dort ausgeübt werden konnte und musste.

c)

Damit führt die Kündigung als fristgemäße Kündigung zur Beendigung des Vertrages zum_30.09.2016 , da das Trainingsjahr zum 01.10.2012 begonnen wurde  und.daher mit Wirkung zum 30.09. eines Folgejahres gekündigt werden konnte. Die hierbei zu beachtende dreimonatige Kündigungsfrist hat der Beklagte unstreitig eingehalten .

3.

Aufgrund der vertraglichen Vereinbarung schuldet der Beklagte einen unstreitigen Mitglieqsbeitrag i.H.v. 39,90 € pro Monat.

Für die streitgegenständliche Restlaufzeit von Mai 2016 bis September 2016, also 5 Monate, beläuft sich der berechtigterweise geforderte Gesamtbetrag damit auf 39,90 € * 5 Monate, mithin 199,50 €.

 

II.

Die zugesprochenen Zinsen rechtfertigen sich aus §§ 286, 288 BGB.

 

Ausweislich des Mitgliedschaftsvertrages waren die Monatsbeiträge monatlich im Voraus zum jeweils Monatsersten fällig, sodass infolge der Nichtzahlung Verzug jeweils zu den angeführten Daten eintrat.

III.

Infolge des Zahlungsverzugs (s.o.) hat der Kläger gegen den Beklagten gern. §§ 286, 288 BGB auch einen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten, die durch die Beauftragung der jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers zur Geltendmachung des ersten offenen .

Monatsbeitrags für den Monat Mai 2016 gegenüber dem sich bereits in Verzug befindenden Beklagten angefallen sind.

a)

Ausgehend von einem Streitwert von bis zu 500,00 €, einer 1,3 Geschäftsgebühr sowie der Kostenpauschale ist der geltend gemachte Betrag von 70,20 € nicht zu beanstanden.

b)

Der hierauf zugesprochene Zinsanspruch folgt aus§§ 288, 291 BGB.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

V.

Gründe für die Zulassung der Berufung gem. § 511 Abs. 4 ZPO liegen nicht vor.

Der Streitwert wird auf bis 500,00 EUR festgesetzt.