Prozessrecht


Klageänderung: Klage gegen den Drittschuldner

AG Michelstadt, Urteil vom 29.09.2014 - 1 C 249/14 (02) -

Ein nicht seltener Fall: Der Gläubiger erwirkt einen Titel gegen den Schuldner und pfändet dessen mögliche Forderung bei einem Dritten (Arbeitgeber, Bank, Kaution beim Vermieter pp.). Mit Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wird der Dritte (sogen. Drittschuldner) zur Auskunft gem. § 840 ZPO aufgefordert. Was aber passiert, wenn er dieser nicht nachkommt ?

 

In diesem Fall kann der Gläubiger nicht Klage auf Auskunftserteilung erheben, da § 840 ZPO keine Rechtsgrundlage für einen Auskunftsanspruch ist. Um sich also Klarheit zu verschaffen, wird der Gläubiger seinen gepfändeten Anspruch nunmehr klageweise gegen den Drittschuldner geltend machen (müssen). Spätestens nach Zustellung der Klage wird sich der Drittschuldner erklären, entweder im Verfahren selbst oder außerhalb. Besteht nach dieser Erklärung kein Anspruch auf die gepfändete Forderung resp. jedenfalls zur Zeit nicht,  wäre die erhobene Klage unbegründet und müsste an sich kostenpflichtig abgewiesen werden. Dies kann allerdings vermieden werden.

 

Der Gläubiger hat in diesem Fall eine Klageänderung vorzunehmen. Er muss nunmehr auf Feststellung klagen, dass der Drittschuldner den aus der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung sich ergebenden Schaden zu klagen hat. Dieser Feststellungsantrag ist begründet und die Kosten des Verfahrens werden dem Drittschuldner auferlegt. 


Die Entscheidung des AG Michelstadt entspricht damit der herrschenden Rechtsansicht. 


Amtsgericht Michelstadt  - Aktenzeichen:1 C 249/14 (02)

 

 

      Im Namen des Volkes

Urteil

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Klage ist zulässig und begründet.

 

Die Klageist zulässig. Die Klageänderung der Klägerin ist als sachdienlich anzusehen (BGH, Urteil vom 04.05.2006, Az: IX ZR 189/04).Sachdienlich ist eine Klageänderung immer dann, wenn der bisherige Streitstoff eine verwertbare Entscheidungsgrundlage bleibt und die Zulas­sung der Klageänderung die endgültige Beilegung des Streits fordert und einen neuen Pro­zess vermeidet. Es ist fUr die Klägerin unzumutbar und auch prozessunökonomisch ,sie auf einen neuen Prozess, in dem sie einen bezifferten Schaden geltend machen müsste, zu ver­weisen, wenn der Beklagte erst nach Klageerhebung seiner Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft nachkommt. Dabei muss auch berücksichtigt werden , dass der Anspruch auf Ertei­lung der Auskunft nicht einklagbar ist. Der Klägerin bli.eb danach nur die Möglichkeit, die an­geblich auf sie übergegangene Forderungi m Weg der Leistungsklage gegen den Beklagten geltend zu machen.                                                : ..· :..."!'..c'.

 

Die Feststellungsklage ist auch begrundet. Es besteht  ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten gemäß § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO auf Ersatz des durch die verspatete Drittschuldnererklarung entstandenen Schadens.

 

Dem Beklagten oblag die Pflicht zur Auskunftserteilung nach §  840 Abs. 1 ZPO. Ihm wurde wirksam ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt. Auch enthielt dieser Beschluss die Aufforderung der Klägerin an den Drittschuldner zur Abgabe der Drittschuldnerer­klärung. In der Zustellungsurkunde gemäß § 840 ZPO wurde der Drittschuldner durch ver­ständlichen und ausdrücklichen schriftlichen Text, welcher van dem Text der Zustellungsmo­dalitäten auch graphisch abgesetzt war, zur Beantwortung der in § 840 ZPO vorgesehenen Fragen binnen 2 Wochen ab Zustellung des Pfändungsbeschlusses aufgefordert . Es wurde klar und ersichtlich für den Drittschuldner angekreuzt, dass die schriftliche Beantwortung der Fragen gem. § 840 ZPO zu 1) - 5) binnen 2 Wochen zu erfolgen hat. Entgegen derAuffas­sung des Beklagten ist die Postzustellungsurkunde nicht unklar und mehrdeutig. Der Text genügt vollumfänglich den Erfordernissen der klaren und eindeutigen Information des Dritt­schuldners . Liest der durchschnittliche Drittschuldner den auf der Zustellungsurkunde vorhan­denen Text mit der erforderlichen Sorgfalt, weiß er genau, was von ihm verlangt wird. Offene Fragen und Mehrdeutigkeiten sind durch die textliche Gestaltung sowie die Wortwahl nach Auffassung des Gerichts nahezu ausgeschlossen.

 

Der Beklagte hat die bestehende Auskunftspflicht  auch in schuldhafter Weise verletzt. Er hat die verlangte Erklärung nicht in der vorgesehenen 2-Wochen-Frist , sondern erst im Verlauf des Verfahrens  abgegeben . Dass den Drittschuldner  kein Verschulden trifft , hat dieser darzu­legen und zu beweisen. Bereits nach dem Vortrag des Beklagten ist dieses nicht der Fall.

 

Die Kostenentscheidung  hat ihre Grundlage in § 91 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Voll­streckbarkeit  in §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

 

  


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AG Michelstadt - 1 C 249/14 (02) - vom 29.09.2014
Urteil im Volltext
AG Michelstadt- Klage gegen Drittschuldn
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